Bereits im Spätherbst kehrten die Corona-Lockdowns in vielen Regionen auf der Nordhalbkugel zurück. Direkt geschlossen wurden Coworking Spaces nur selten. Viele Regierungen schränkten jedoch andere Bereiche tiefgreifend ein und empfahlen erneut die Arbeit im Homeoffice.
Angenommen, Coworking Spaces wären mit einer Lockdown-Situation ohne totale Ausgangssperren und behördliche Standortschließungen wissentlich weitere sechs Monate konfrontiert. Wie würden sie hinsichtlich ihres Betriebes darauf reagieren
Etwa 60% behielten in dieser Situation ihr bisheriges Angebot aufrecht und reduzierten ihren Servicelevel nicht (weiter).
Jeder zehnte Coworking Space erwöge Expansionen, zumal sich in Krisensituationen häufig günstigere Übernahmemöglichkeiten ergäben.
Etwas weniger als jeder zehnte Space würde das Angebot oder ihre Flächen verkleinern. Vor allem profitable und größere Coworking Spaces wählten diese Maßnahme.
Ebenso würde jeder zehnte Coworking Spaces den Betrieb beenden oder beenden müssen. Dies erklärten insbesondere Spaces in urbanen Regionen und jene, bei denen der Mietvertrag ausläuft. Umgekehrt zeigten sich diese Coworking Spaces auch expansionsfreudiger.
Wie lange halten Coworking Spaces moderate Lockdown-Durststrecken durch?
In einem weiteren Szenario untersuchten wir, wie viele Coworking Spaces es überständen, wenn Einnahmen und Ausgaben ganze zwölf Monate auf dem Niveau eines moderaten Lockdowns unverändert blieben.
Die kurze Antwort: etwas mehr als jeder zweite Coworking Space käme in einem ein Jahr andauernden moderaten Lockdown durch. Umgekehrt würde die andere Hälfte in einer solchen Situation innerhalb eines Jahres schließen.
Eine Betriebsaufgabe wäre umso wahrscheinlicher, wenn die Coworking Spaces ihre Standorte mieteten, sich in Großstädten befänden, vor Corona vor allem Eventflächen anboten oder mehr als einen Standort betrieben.
Überraschenderweise überstünden Coworking Spaces, die 2019 profitabel arbeiteten, nicht öfter eine solche Durststrecke als nicht-profitable Coworking Spaces.
Erstens schieden sehr unprofitable Standorte vermutlich in den letzten Monaten bereits aus dem Markt.
Zweitens waren besonders nicht-profitable Coworking Spaces bereits vor Corona für ihr Geschäftsmodell häufig nicht auf Gewinne aus dem Coworking-Betrieb angewiesen.
Und drittens ist für die neuen (und meist noch unprofitablen) Coworking Spaces das erste Jahr allgemein das schwerste, bis sie sich etablieren. Selbst wenn es nicht so düster wie 2020 begänne, sorgen viele für eine Durststrecke vor. Vermutlich würde deshalb jeder zweite neue Space diese zwölf Monate überstehen. Die andere Hälfte der Neulinge wäre allerdings bereits nach drei Monaten am Ende. Ausgehend vom Zeitpunkt dieser Befragung also Ende Februar.
Stehen Coworking Spaces, die staatliche Hilfen bezogen, besser da als solche, die keine erhielten?
Nein, die Ergebnisse widerlegen eher eine solche These. Die Hilfen erhielten überwiegend Coworking Spaces, die sie tatsächlich benötigten, denn deren Überlebenschancen sehen trotz Unterstützung schlechter aus. Auch sanken die Mitgliederzahlen stärker. Bei gleichbleibenden Einnahmen und Ausgaben müssten knapp 60% in weniger als einem Jahr schließen.
Bei den Spaces, die keine staatliche Hilfe erhielten oder sich nicht darum bewarben, wäre es nach einem Jahr nur jeder Dritte. Zumindest gälte dies unter der Bedingung, dass keine totalen Ausgangssperren bestünden, die eine berufliche Tätigkeit außerhalb der eigenen Wohnräume verböten.
Damit endet dieser Onlinekurs zum Konjunktiv II. Die detaillierten Ergebnisse der Coworking Survey Europe kannst du hier runterladen. Eine knackerige Kurzversion mit den allgemeinen Resultaten findest du hier.
Weitere Artikel:
Ergebnisse der Coworking Survey Europe
Coworking Vorhersage 2021: Das 'Neue Normalität' - Szenario
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Wichtige Anmerkungen:
Ein Lockdown, der Teile der Gesellschaft und Wirtschaft schwer trifft, dürfte für die Betroffenen kaum 'moderat' oder 'light' sein. Im Artikelkontext verweist 'moderat' auf noch weit schwierigere, unerträglichere oder weitreichendende Szenarien existieren, die in diesem Artikel unberücksichtigt blieben.
Das hier dargestellte Szenario entspricht der Situation, die in der Befragungszeit zwischen dem 12. und 24. November 2020 in weiten Teilen Europas herrschte. Trotz großer nationaler und regionaler Unterschiede existierte eine für diese Vorhersage wichtige Gemeinsamkeit: Es wurden kaum Coworking Spaces aus behördlichen Gründen geschlossen. Unter Einhaltung von Distanz- und Hygieneregeln konnten Mitglieder theoretisch weiter in ihnen arbeiten. Eine Maskenpflicht am Schreibtischplatz bestand selten.
Entwicklungen außerhalb ihrer Standorte beeinflussten Coworking Spaces ebenso. Wenn beispielsweise die Schulen und Kindergärten zu blieben oder Unternehmen ihren Mitarbeiter wieder oder weiter die Arbeit im Homeoffice empfahlen. Diese Maßnahmen, die im November ebenso einige Teile Europas prägten, wurden nicht in der Befragung erhoben. Sie führten sehr wahrscheinlich ebenfalls zu sinkenden Nutzungszahlen in Coworking Spaces.
Anfang 2021 verschärften viele Staaten in Europa die Lockdowns weiter. Die wirtschaftliche Situation von geschlossenen Coworking Spaces dürfte ohne ausreichende Hilfen noch negativer ausfallen als die in dem hier vorgestellten Szenario.
Auch können vorgegebene Bedingungen die Realität nur begrenzt vorhersehen, da sie Planungssicherheiten simulieren, die derzeit kaum für sechs oder gar zwölf Monate existieren.
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Die Befragung wurde unterstützt von Coworking Europe, Coworking Ireland, Coworking Library, Coworking Switzerland, Coworkies, CoworkLand, European Coworking Assembly, German Coworking Federation, GCUC UK & Included.co.
An der Coworking Survey Europe nahmen 195 Befragte teil, davon 150 aus Europa. 101 repräsentierten aktive Coworking Spaces und 17 geplante Coworking Spaces in Europa. 3 Befragte waren ehemalige Eigentümer:innen oder Mitarbeiter von europäischen Coworking Spaces. Die restlichen Befragten repräsentierten keine Coworking Spaces oder kamen nicht aus Europa.
Dieser Artikel basiert überwiegend auf den Antworten von aktiven Coworking Spaces in Europa (n=101), ein weiterer Teil auf den Antworten aller Befragten in Europa (n=150). Weitere Informationen findest du in den PDF-Reporten.